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PRIVATSTIFTUNGSGESETZ UND BEGRIFFLICHKEITEN

Privatstiftung: Eine Kurzübersicht über das PSG

 

Am 1.9.1993 trat das Privatstiftungsgesetz (PSG) in Kraft. Seitdem wurde es sieben Mal novelliert. Ein Glossar von MANZ-Fachautor Johannes Reich-Rohrwig erläutert Begriffe und Funktionsweise der Privatstiftung in Kurzform.

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Johannes Reich-Rohrwig
© CMS
JOHANNES REICH-ROHRWIG
Universitätsprofessor und Rechtsanwalt in Wien
Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
12. Juli 2023

Juristische Person

Die Privatstiftung (PS) ist eine juristische Person und eine Rechtsträger:in, die Rechte und Pflichten erwerben kann. Insbesondere kann sie Vermögen erwerben, Verträge schließen und Verbindlichkeiten eingehen.

Die PS ist eine eigentümerlose juristische Person. Anteilrechte an der PS existieren nicht und können nicht ausgegeben werden. 


Mindestkapital

Bei Gründung ist der PS durch den oder die Stifter:in ein Vermögen von mindestens 70.000 Euro zu widmen. Wird dieses nicht in Geld, sondern durch Sachvermögen aufgebracht, hat eine Gründungsprüfung zu erfolgen. Zusätzliches Vermögen kann in einer Stiftungszusatzurkunde, später auch durch Nachstiftung seitens der Stifter:in oder durch Zustiftung seitens Dritter erfolgen. Nach- und Zustiftungen bedürfen der Annahme durch die PS.


Zuwendungen

Die Zuwendung von Vermögen der Stifter:in an die PS stellt eine unentgeltliche Vermögensübertragung (Schenkung) dar – auch im erbrechtlichen Kontext. Die Einräumung einer Begünstigtenstellung an eine gesetzliche Erb:in der Stifter:in oder der Stifter:innen ist für Pflichtteilansprüche des Betreffenden selbst, aber auch für jene der anderen gesetzlichen Erb:innen relevant.

„Mit Entstehung der Privatstiftung verliert der Stifter den Zugriff auf das Stiftungsvermögen.“

JOHANNES REICH-ROHRWIG, CMS REICH-ROHRWIG HAINZ RECHTSANWÄLTE GMBH

Stifter:innen

Die PS kann durch einen oder mehrere Stifter:innen gegründet werden. Stifter:innen können in- und ausländische natürliche Personen, Personengesellschaften oder juristische Personen sein. Mit Entstehung der PS verliert die Stifter:in den Zugriff auf das Stiftungsvermögen sowie Kontrollrechte, sofern nicht die Stiftungsurkunde solche vorsieht.


Stiftungsurkunde

Stifter:innen haben eine Stiftungserklärung zu errichten. Ihr Mindestinhalt ist unter anderem die Angabe des Namens und Sitzes der PS, die Widmung des Vermögens, der Stiftungszweck, die Angabe der Begünstigten oder jener Stelle, die den oder die Begünstigten festzustellen haben, sowie eine Angabe darüber, ob die PS auf bestimmte oder unbestimmte Zeit errichtet wird. 

Weitere mögliche Inhalte: Regelungen über die Bestellung, Abberufung, Funktionsdauer und Vertretungsbefugnis des Vorstands, der Stiftungsprüfer:in, eines Aufsichtsrats und weiterer Organe zur Wahrung des Stiftungszwecks sowie Regelungen über die Änderung der Stiftungserklärung und den Widerruf der PS. 


Stiftungszusatzurkunde

Eine Stiftungszusatzurkunde kann Regelungen über die Vergütung der Stiftungsorgane, nähere Bestimmungen der Begünstigten oder weiterer Begünstigter, die Festlegung eines Mindestvermögensstandards, die Bestimmung eines Letztbegünstigten, Regelungen über die innere Ordnung von kollegialen Stiftungsorganen sowie die Widmung und Angabe eines weiteren, das Mindestvermögen übersteigenden Stiftungsvermögens enthalten.


Vorbehalt des Änderungsrechts

Stifter:innen können sich in der Stiftungsurkunde die (künftige) Änderung der Stiftungsurkunden vorbehalten. Um dieses Änderungsrecht möglichst lange aufrecht zu erhalten, ziehen Stifter:innen daher vielfach auch ihre Kinder oder eine juristische Person bei Gründung der PS als Mitstifter:innen bei. Durch Übertragung/Vererbung der Anteilsrechte an der Mitstifter-GmbH/AG kann das Änderungsrecht demjenigen, der die Anteilsrechte erhält, de facto überlassen werden. 

„Stifter, die natürliche Personen sind, können sich in der Stiftungsurkunde das Recht zum Widerruf der Stiftung vorbehalten.“

JOHANNES REICH-ROHRWIG, CMS REICH-ROHRWIG HAINZ RECHTSANWÄLTE GMBH

Vorbehalt des Widerrufsrechts 

Sind die Stifter:innen natürlich Personen, können sie sich in der Stiftungsurkunde das Recht zum Widerruf der Stiftung vorbehalten – bei zwei oder mehr widerrufsberechtigten Mitstifter:innen nur einstimmig in Notariatsform. Die Stiftungsurkunde kann das jedoch auch anders regeln.

Bei einem Widerruf muss der Vorstand die Auflösung der PS beschließen und diese abwickeln. Das verbleibende Vermögen ist an die Letztbegünstigten zu übertragen.


Dauer der Stiftung 

Eine Privatstiftung kann auf bestimmte oder unbestimmte Dauer angelegt werden. Bei nicht-gemeinnützigen Stiftungen, deren „Zweck überwiegend die Versorgung von natürlichen Personen ist“, ist die PS nach 100 Jahren aufzulösen. Es sei denn, alle Letztbegünstigten beschließen einstimmig, die PS für einen weiteren Zeitraum von maximal 100 Jahren fortzusetzen.

Weitere Auflösungsgründe: die Eröffnung eines Konkursverfahrens und die Abweisung eines Insolvenzantrages mangels kostendeckenden Vermögens, ein einstimmiger Beschluss durch den Stiftungsvorstand, das Erreichen oder die Nichterreichbarkeit des Stiftungszwecks, der Widerruf durch die Stifter:in, der Eintritt anderer in der Stiftungserklärung genannter Auflösungsgründe oder ein entsprechender Gerichtsbeschluss.


Organe der Stiftung

Zu bestellen sind in der PS ein Stiftungsvorstand, der Stiftungsprüfer:in sowie unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen ein Aufsichtsrat. Das PSG erlaubt daneben die Einrichtung „weiterer Organe“ gem § 14 Abs 2 PSG, beispielsweise die häufig anzutreffenden Beiräte. Auch Personen oder Personengruppen, denen wesentliche Rechte im Hinblick auf die Privatstiftung zukommen, gelten als Organe der Stiftung.
 

Vorstand der Stiftung

Der Vorstand vertritt die PS und verwaltet ihr Vermögen. Der Vorstand hat aus mindestens drei Personen zu bestehen, wobei der erste Vorstand durch den oder die Stifter:innen bestellt wird. 

Die Stiftungsurkunde kann die Funktionsperiode des Stiftungsvorstands näher regeln. Ohne Regelung bleibt der Vorstand so lange im Amt, bis er zurücktritt, verstirbt, das in der Stiftungsurkunde gegebenenfalls festgesetzte Höchstalter erreicht oder zulässigerweise (meist nur aus wichtigem Grund) abberufen wird. Um die Unabhängigkeit des Stiftungsvorstands zu sichern, nimmt die Judikatur an, dass bei befristeter Bestelldauer die Stiftungsurkunde jedenfalls mindestens drei Jahre vorsehen muss. Eine Obergrenze der Bestelldauer ist zulässig.


Stiftungsprüfer:in 

Aufgabe der Stiftungsprüfer:in ist es, den vom Vorstand aufzustellenden Jahresabschluss einschließlich Buchführung und Lagebericht, die Einhaltung der Stiftungsurkunde und -zusatzurkunde – also vor allem die Einhaltung des Stiftungszwecks und die Rechtmäßigkeit der Zuwendungen – zu prüfen. Auch das Vorliegen von Unvereinbarkeiten und Insichgeschäften ist zu prüfen. Die Stiftungsprüfer:in ist gem § 20 Abs 1 PSG vom Gericht, gegebenenfalls durch den Aufsichtsrat, zu bestellen.

Aufsichtsrat

0,7 Prozent aller Stiftungen haben einen Aufsichtsrat (AR). Die Stiftungsurkunde kann dessen Bestellung vorsehen. Gesetzlich zwingend ist die Bestellung, wenn (1) die Anzahl der Arbeitnehmer:innen der PS 300 übersteigt, oder wenn (2) die PS inländische Kapitalgesellschaften oder inländische Genossenschaften einheitlich leitet oder aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 50 Prozent beherrscht und in beiden Fällen die Anzahl der Arbeitnehmer:innen dieser Gesellschaften bzw. Genossenschaften im Durchschnitt 300 übersteigt. Keine Aufsichtsratspflicht besteht in Konzernkonstellationen, bei denen sich die Tätigkeit der PS auf die Verwaltung von Unternehmensanteilen der beherrschten Unternehmen beschränkt (§ 22 PSG).

Die Bestellung der ersten Aufsichtsratsmitglieder erfolgt durch den oder die Stifter:innen. Nach Eintragung der PS in das Firmenbuch ist für die Bestellung von AR-Mitgliedern ausschließlich das Firmenbuchgericht zuständig. Wer Mitglied des Stiftungsvorstands oder Stiftungsprüfer:in ist, kann nicht zugleich dem AR angehören. Begünstigte oder deren Angehörige dürfen nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder stellen. Ferner ist die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten von Privatstiftungen oder in vergleichbaren Organen mit zehn begrenzt (§ 23 PSG). Aufgabe des AR ist es, die Geschäftsführung und die Gebarung der PS durch den Vorstand zu überwachen. Das Auskunfts- und Einsichtsrecht des AR ist jenem des AR von Aktiengesellschaften nachgebildet. 


Begünstigte:r

Begünstigte sind Personen, die Zuwendungen (Geld, Sachleistungen, Nutzungsmöglichkeiten …) von der Privatstiftung erhalten. Begünstigte:r ist, wer in der Stiftungserklärung als solche:r bezeichnet oder von der von der Stifter:in dazu berufenen Stelle (sonst vom Stiftungsvorstand) als Begünstigte:r festgestellt wird. Begünstigte sind vom Stiftungsvorstand dem Finanzamt offenzulegen und zur Eintragung in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer:innen gemäß WiEReG anzumelden. 

Begünstigte haben ein gerichtlich durchsetzbares Auskunfts- und Bucheinsichtsrecht, einschließlich der Einsicht in den Jahresabschluss, die Stiftungs- und die Stiftungszusatzurkunde. Sie können ferner die gerichtliche Abberufung eines Organmitglieds aus wichtigem Grund gem § 27 Abs 2 PSG oder – wenn ein Auflösungsgrund eingetreten ist – die Auflösung der Stiftung durch das Gericht beantragen. 


Letztbegünstigte:r

Letztbegünstigte:r ist diejenige, der ein nach Abwicklung der Privatstiftung verbleibendes Vermögen zukommen soll.

Beirat

Das in der Regel anzutreffende Kontrollorgan der Privatstiftung ist der Beirat. Häufig sind in den Beiräten Begünstigte repräsentiert, die dort die Überwachung der Tätigkeit des Stiftungsvorstands vornehmen sollen und denen oftmals Bestell- und Abberufungsrechte, Zustimmungsvorbehalte, Stellungnahmerechte sowie ein Vorschlagsrecht zur Höhe von Zuwendungen zukommen. 


Firmenbuch

Die PS ist in das Firmenbuch einzutragen. Dem Firmenbuchgericht obliegt die Kontrolle der Vermögensaufbringung und die Prüfung der Stiftungsurkunde auf ihre Gesetzmäßigkeit. Auch später hat das Firmenbuchgericht wichtige Funktionen für Privatstiftungen, etwa die Bestellung der Stiftungsprüfer:in und grundsätzlich – sofern die Stiftungsurkunde nichts anderes regelt – auch des Stiftungsvorstands; sofern vorgeschrieben, auch die Bestellung des Aufsichtsrats.

Ganz generell kommt dem Firmenbuchgericht die Aufgabe zu, Organe der PS aus wichtigem Grund abzuberufen. Gegebenenfalls beschließt es auch eine Sonderprüfung. Das Gericht beschließt ferner über die Zulässigkeit der Änderung der Stiftungsurkunde durch den Vorstand und über die Auflösung der Stiftung. Das Gericht beschließt außerdem über die Eintragung einer Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde durch die Stifter:innen. 


Notariatsaktform

Die zu errichtende Stiftungsurkunde und allfällige Zusatzurkunden bedürfen der Form des Notariatsaktes. Bei Nichtverlesung des Notariatsaktes oder seiner Beilagen, wenn die beurkundende Notar:in zugleich Mitglied des Stiftungsvorstands der betreffenden Stiftung und daher von der Beurkundung ausgeschlossen ist, oder wenn die Stifter:in geschäftsunfähig ist, sind die Stiftungserklärung, die Zusatzurkunde oder ihre Änderung rechtsunwirksam.


Privatstiftung von Todes wegen

Die Privatstiftung von Todes wegen wird durch letztwillige Stiftungserklärung – also eine letztwillige Verfügung, die auch der Form des Notariatsaktes zu entsprechen hat – errichtet. Bei der Stiftungserrichtung ist daher (zumindest) die Mitwirkung zweier Notar:innen oder einer Notar:in und zweier Zeug:innen erforderlich. Gleiches gilt für eine allfällige Stiftungszusatzurkunde.

Unter welchen Voraussetzungen können Mitglieder des Stiftungsvorstands abberufen werden? Für welche Geschäfte braucht es die Zustimmung des Aufsichtsrates? Und worin besteht der Unterschied zwischen den aktuell und den potenziell Begünstigten einer Privatstiftung? Den vollständigen Beitrag „Glossar: Privatstiftung“ samt ausführlicher Anmerkungen finden Sie in der Schwerpunktausgabe 4/2023 zu „30 Jahren Privatstiftung“ der MANZ-Zeitschrift für Wirtschaftsrecht „ecolex“.

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